SportFluencer morgen: Nachhaltig leben

David Koller (47) wohnt in Uetendorf, ist verheiratet mit Rachel und Papa von zwei Kindern (3 und 7). Er ist ausgebildeter Sportlehrer und war u.a. viele Jahre Trainer im Ruder (Spitzen)Sport sowie Personal Trainer. Heute ist er Kursleiter und Verkaufsberater. «Ich nenne mich auch ‹Bewegungsberater›, ich bin verantwortlich für den Bereich Bewegung bei upswing ch. Wir haben Shops in Thun und Winterthur und bieten auch Gesundheitskurse an.»
Früher war David selber Spitzensportler. Zuerst als Schwimmer, dann als Ruderer.

Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Sportwelt? Im persönlichen Leben? in Vereinen und Organisationen? In Beziehungen zwischen Trainer und Athlet oder in der Leistungserwartung des Spitzensports? Wir haben mit David Koller, Bewegungsberater, gesprochen

Nachhaltigkeit in der Sportwelt – da kommen viele Themen zusammen. David Koller sagt: «Im Alltagsleben ist es ja zuerst mal eine grundlegende Haltung. Sorgfältig leben, nicht sofort alles wegwerfen, auch Occasion-Sachen kaufen, sein Material weitergeben.» Im Ruderclub sei es eine bewusste Haltung, sorgfältig mit Material umzugehen. «Man muss nicht gerade immer das neueste Boot haben. Ein älteres Boot, vielleicht sogar eines, das von einem Profi an einer WM gefahren wurde, tuts auch – es hat sogar besonderen Wert.»

Letztlich zähle die Selbstverantwortung jedes einzelnen. «In Sachen Verpackung von Esswaren sehe ich weiterhin zu viele Folien oder Alu. Warum nicht Tupperware? Oder statt PET seine eigene Trinkflasche?» — «Als ich am Gymer Sporttage organisiert habe, konnte ich Getränkesponsoren gewinnen, worüber ich einerseits dankbar war. Aber andererseits störte mich der PET-Abfallberg. Man könnte ja eine Art Wasser-Zapfhahnbatterie installieren, wo jeder in seine eigene Flasche nachfüllen könnte. Aber klar, da hat die Festwirtschaft dann etwas dagegen, weil sie verkaufen will… und zwar PET… Aber das ginge doch auch anders?»

Im Materiellen, in der Logistik oder Mobilität («Fahrgemeinschaften bilden ist heute in Clubs fast selbstverständlich») ist Nachhaltigkeit heute kein neues Thema mehr.

Nachhaltigkeit habe viel mit Persönlichkeit, Beziehung und Ganzheitlichkeit zu tun. «Da kommt mir ein Erlebnis in den Sinn, wo ich gleichzeitig ein Team für den Coupe de la Jeunesse und ein Team auf die Ruder-Junioren-WM vorbereitet habe. Es ging um die innere Haltung der Athleten. ‹Hej Jungs, dass ihr jetzt in der Nationalmannschaft seid, ist nicht selbstverständlich Ihr seid gesund, auf Höchstleistung trainiert, der Körper funktioniert so gut Wir können alle grundsätzlich mal dankbar sein. Wir wollen auch so auftreten, ein gesundes Beispiel sein, unser Ziel erreichen mit Freude›.
Zu einer solchen Haltung gehört für mich Dankbarkeit. Dankbar sein können übrigens alle. Danke sagen braucht dann ein Gegenüber – für mich ist das Gott, unser Schöpfer.»

Ein weiterer Bereich der Ganzheitlichkeit sei die mentale Balance. Das klassische Mentaltraining sei ein Teil davon. «Dazu kommt für mich noch meine Identität als Christ. Ich weiss, dass ich am rechten Ort bin. Ich bin Geschöpf Gottes, ich habe einen Halt im Leben. Das ist auch im Alltag verankert, ich kenne stärkende Bibelstellen, ich versuche ganzheitlich nachhaltig zu leben.»
David hat vieles dazu vor zehn Jahren in der Sportbibelschule von Athletes in Action (AiA) gelernt (heute gibt es diese nicht mehr). Mit AiA ist SRS freundschaftlich verbunden. Nach Davids Aktiv-Zeit (Schwimmen, Rudern) wurde er Trainer. «Es ist eine Leidenschaft von mir, Persönlichkeiten zu begleiten und weiter zu entwickeln. Die Ruderer sind wie eine Familie, es sind mehr als nur ‹Freunde›.»

Von einem Trainer würden natürlich konkrete sportliche Resultate erwartet. «Da bin ich auch sehr einverstanden Es ist für mich aber fast wichtiger, dass ich gute Werte weitergeben kann. Disziplin, Sorgfalt mit dem Material, demütig bleiben. Ich sagte meinen Jungs, sie sollen sich immer auch mit den anderen freuen, und zwar als Sieger oder auch ganz ohne Podestplatz.» — «Ein wichtiges Wort dazu ist Würde. Selber würdig durch die Welt gehen. Und den anderen Würde geben.»

Auch hier kommt die Dimension des Christenlebens hinzu. «Wenn ich mit Jesus lebe, bin ich angenommen. Ich bin frei und offen. Ich darf mich so zeigen, wie ich bin, und gehe auf die anderen zu. Würdig leben heisst klar, dass ich in einem Wettkampf meine Stärke zeige — das macht ja den Sport aus.» Gleichzeitig soll aber das echte Interesse am anderen bestehen bleiben. «Dem sogenannten ‹Gegner› klar zeigen, dass man sich freut, gemeinsam mit ihm nun in diesem Wettkampf zu stehen!»

Nachhaltigkeit entsteht auch, wenn man sich selber und andere genau beobachtet – heute nennt sich das Achtsamkeit. Ich zitiere ein fiktives Gespräch unter zwei Junioren am Morgen vor einem Wettkampf «Tschou » — «Salü, wi geits?» — «Ach, i bi grad chli erchältet, ha o weni gschlafe die letschte Nächt, mal luege wie’s de geit am Wettkampf…» — «Ja, bi mir o nid super, ir Schuel isches grad schwierig. Aber jetz göh mer halt mal a Start, luege mer mal…»
David lächelt. Er habe so oft diese Art von Gesprächen mitgehört. «Selten höre ich: ‹So, da bin ich, voll parat! Ich freue mich auf den Wettkampf, habe gut trainiert. Los gehts!›» Eine solche Haltung würde die Chance auf ein gutes Resultat schon mal erhöhen. «Es ist für die Junioren ein Prozess, den ich mit ihnen sehr oft durchgelaufen bin.»

«Der Mensch soll gesund älter werden» – das ist für David ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit. Dazu habe er mit einem jungen Ruderer einen schönen Weg gemeinsam gehen können. «Rudern ist ein Sport mit riesigem körperlichem Verschleiss. Als Profi hat man 3 Trainings pro Tag, 1 Ruhetag pro Woche. Man ist sehr viel im Kraftraum.»
Als David bei diesem jüngeren Athleten Personal Trainer war, kam in der Nationalmannschaft das grosse Vergleichen untereinander. «Da hatte es grössere Athleten, die bereits muskulöser waren. Die Eltern meines Schützlings meinten zu mir: Könntest du ihn bitte noch etwas mehr pushen, mehr Trainings, mehr Muskelmasse, man sieht ja, es braucht mehr Kraft.» Für mich war aber klar: Gesundheit kommt zuerst! Wir arbeiten nachhaltig, physiologisch von Innen nach Aussen, wir machen das sorgfältig. Dass Spitzensport Verschleiss ist, lässt sich nicht verhindern, aber bei mir heisst es: so wenig Verschleiss wie möglich.»
David habe dann klargestellt: «Liebe Eltern, lieber Athlet: Wenn ihr das anders wollt, müsst ihr euch einen anderen Trainer suchen.» Davids Trainerwissen hätte den Athleten ohne Probleme in kurzer Zeit durch gezielte Übungen ‹aufpumpen› können, «er hätte dann wohl schon in der Juniorenzeit andere immer geschlagen und wäre schnell ein ‹Prügel› geworden. Aber… das ist nicht nachhaltig!»
Letztlich sei es gelungen, dass dieser Athlet ohne riesige Gesundheitsprobleme bis heute Leistungssport auf höchsten Level geniesse. «Im Rudern wäre eine Rückenverletzung durch Überlastung ‹klassisch› — das konnten wir soweit verhindern.» Heute sei der Athlet in der Weltspitze. Ein fünfter Platz im Doppelzweier in Tokyo habe zeigt, dass der nachhaltige Weg der richtige sei. «Dieser Athlet hat einen gesunden, bewussten, eben nachhaltigen Umgang mit seinem Körper. Vor einiger Zeit sagte er zu mir: ‹Hej Dävu, ich mache deine Übungen immer noch…› Auch das ist eine wichtige Motivation für mich als Trainer: Zu zeigen, dass es möglich ist, auch nachhaltig weiterzukommen Der Athlet und seine Eltern haben mir das nötige Vertrauen geschenkt.

Aufzeichnung: Tom Mayer